Hallo Harun,
so, ich habe es endlich geschafft den ersten Band Deiner neuen Stahlfantasie-Serie Perry Rhodener durchzulesen. Und zwar mit spitzem Kommentarbleistift in der Hand. Es sind ein paar Anmerkungen zusammengekommen. Also frisch ans Werk.
Zunächst einmal: Ich schaue nicht nach Rechtschreibung. Da hat Word mehr drauf als ich in der Hinsicht. Auch beanspruche ich nicht für mich es besser zu können; denke aber, dass ich ein guter Leser und daher auch über ein paar Dinge gestolpert bin.
Es ist meine reine subjektive Sichtweise. Dein Roman hat mir insgesamt gut gefallen und Du hast Potential. Lass Dich also nicht von mancher spitzen Bemerkung gleich einschüchtern. Obwohl ich da bei Dir eigentlich kaum eine Befürchtung habe .
Allgemeines
Du beschreibst gerne und viel die Umgebung in den schillernsten Farben. Teilweise muten die Beschreibungen der Orte, Gebäude und Gegenstände mystisch an und Du räumst diesen Beschreibungen viel Platz ein. Was hingegen fast immer völlig fehlt ist eine Beschreibung der Personen. In die Schauplätze konnte ich mich nahezu immer sofort reinversetzen. Bei den Personen und gerade bei den wichtigsten weiß ich bis jetzt nicht wie sie aussehen. Ich habe kein Bild von Ihnen im Kopf und hatte noch bis zum Ende des Romanes gehofft, dass sich dies ändert. Das finde ich sehr schade.
Ich habe ein starkes Problem der zeitlichen Zuordnung Deiner Parallelwelt. Der Bruch scheint im Jahr 1923 mit der Entdeckung des feinstofflichen Äthers zu beginnen. 1960 wurde die Maurellit-Beschichtung entwickelt. 1990 dann erste Raumflüge mit Ätherschiffen. (Seite 12+13).
Auf Seite 18 + 19 kommst Du dann mit den Raketenflügen der Amerikaner und genau hier komme ich schon durcheinander. Die waren ja erst zwischen 1960 – 1970 und auch nach dem Krieg, den die Amerikaner gewonnen hatten. Passt meines Erachtens also überhaupt nicht zu Deinem Setting. Auch die Raumfahrzeuge Russlands und Chinas erwähnst Du, die ja zur gleichen Zeit oder später gestartet sind. Zu einer Zeit also, wo das mit dem Äther schon bekannt war.
Dann auf Seite 20 spricht Lindbergh mit Howard: ...willst Du mir erzählen, dass schon fünfzig Jahre später die Geschichte...“. Ich habe den Zusammenhang so verstanden, dass Howard auf jeden Fall zur Zeit der Raketenflüge gewirkt hat. Also so 1960 und jetzt 50 Jahre später ist dann also das Jahr 2010?
Dann wird es ganz schlimm mit der Zeit. Auf Seite 25 sprichst Du von einem marsianischen Einfall vor über 100 Jahren. WTF?!?
Das sind in meinen Augen starke Logikbrüche die nicht sein müssen.
Du führst neue Maßeinheiten ein, obwohl Deine Geschichte auf die des deutschen Reiches fußt. Du verwendest ja auch viele Begriffe davon und wofür dann die neuen Maßeinheiten wie Kurzmeilen und Zwellen? Ich hatte ja den ganzen Roman über gehofft und wurde dann auch auf der vorletzten Seite nicht enttäuscht. Da stand es dann brav: Meter
Die Details
Seite 4
Sorry, den kompletten ersten Absatz halte ich für völlig verunglückt. Als ob Du dich damit warm geschrieben und ihn dann am Ende so hast stehen lassen hast. Zunächst ist es ziemlich verwirrend, weil er wohl im All ist und keinen Raumanzug trägt. Erst später weiß man, dass eine Sauerstoffblase da ist auf dem Ätherschiff und dies wohl nur ein Traum. Aber diese Textpassage steht zu dem restlichen Text in keinem Zusammenhang. Für was ist die Szene relevant?
...Sie lag auf der abgewandten Seite verborgen. Nur die funkelnde Finsternis...
Von was denn abgewandt? Das ergibt sich nicht aus dem Text.
...Lautlosigkeit füllte erneut die Sinne aus...
Laute betreffen nur einen Sinn. Den Gehörsinn. Die Augen, dem Geschmackssinn, Tastsinn usw interessieren Geräusche oder auch nicht vorhandene herzlich wenig.
...Leere umfing ihn, nun vollkommen...
Nur um gleich danach den Sternen entgegen zu stürzen? So vollkommen ist die Leere wohl doch nicht.
Seite 5
Ich finde es schön, wie Du immer wieder zwischendurch ein wenig Hintergrundwissen durch Radiosprecher usw einstreust. Auch wenn Du dieses Stilelement meines erachtens ein wenig überstrapazierst.
Seite 6 +7
Sehr schön auch, wie Du den Lyrischen Text mit den Geschehnissen in der S-Bahn verknüpfst. Mir fehlt nur leider ein wenig der Bezug zu Rodener. Wie er darüber denkt was dort passiert. Rodener ist mir zu passiv und hier wäre eine erste Chance gewesen ihm ein erstes Profil zu geben.
Letzter Absatz:
...Der glänzende Aluminiumleib des mächtigen Ätherfisches...
Und dazu Seite 20, erster Absatz von Kapitel 2X3
...kreuzte gemächlich ein mächtiger Ätherzeppelin; an seiner elfenbeinfarbenen Außenhaut...
…, als ein zweiter „Ätherfisch“ über dem Geschehen aufkreuzte...
Soso. Einmal Aluminiumfarbend und einmal elfenbeinfarbend. Die Schiffe können ja gerne unterschiedliche Farben haben, aber dann fehlt mir ein kleiner erläuternder Hinweis dazu. Zudem ein Hinweis, dass Ätherfisch und Ätherzeppelin das Gleiche ist. Vielleicht ist Ätherfisch ja die umgangssprachliche Variante. Ich weiß, ich bin spitzfindig.
Seite 11
...Alles was Sie wissen müssen, hören Sie hier. Alles, was Sie nicht wissen müssen, hören Sie hier nicht...
Dieser Satz ist mir zu plump. Parodie mit der Holzhammer-Methode.
Seite 19
Lindbergh der mächtigste Mann der Welt? Wenn ich es richtig verstanden habe, dann steht er der USA vor und die sind schon lange nicht mehr die mächtigste Nation. Sondern das Deutsche Reich mit Verbündeten usw. Von daher unpassend ohne nähere Erläuterung.
Seite 20
Warum kommt der gute Präsident erst jetzt auf die Idee mal seine Leute daran zu setzen? So fünf Minuten vor der Angst? Schließlich waren doch vorher schon sieben Probeflüge usw. Etwas arg unlogisch.
So hart es vielleicht klingt. Ich halte fast das gesamte Kapitel 2X3, Festnacht der Völker, für nahezu komplett überflüssig. Die Szenen mit den Umzügen der einzelnen Völker sind viel zu lang und überfrachtet. Sie bringen die Handlung null voran und gehören stark zusammengekürzt auf ein schöne Akzente.
Die Verballhornung von Babylon 5 und Star Trek fand ich dagegen gut. Auch die kurze Erwähnung der Okefenekos Gruppe .
Seite 25
Kapitel 3
Du sprichst vom Reichskanzler Kasner. Auf Seite 30 dagegen:...Morgen sitzen die Reichskanzlerin und vermutlich der Kaiser in spe..., Der Kanzler hat aber schnell das Geschlecht gewechselt.
Seite 26
Alles ist streng darauf bedacht das deutsche Kulturgut zu verbreiten und zu nutzen und dann auf der wichtigsten Pressekonferenz sagt Ms Pounder: Ladies and Gentleman... ??
Selbst wenn sie aus Schottland kommt ist das meines Erachtens nicht passend zum Rest des Settings.
...“Reichstreu! Melder Spieß, Völkisches Kreuz.“ Der nächste Fragesteller wurde weitschweifig...
...Der nächste Fragesteller... gehört vor ...“Reichstreu!...“
Ansonsten passt der Kausalzusammenhang nicht.
Seite 29
...Darüber hinaus wird es selverstverständlich Plakate, Bausätze..
Die Szene fand ich gut. Da musste ich schmunzeln
Seite 31
Die Überschrift zum Kapitel 4 verrät viel zu viel über den Inhalt. Fetter Spoiler.
Aber warum erster Absturz? Von weiteren habe ich nichts im Roman gelesen.
Seite 40
Was zum Geier sind LE-Packen?
Seite 42
…, das zu einem Kreuz von sechs meterlangen Stichflammen wurde....
Hm, sind jetzt sechs Stichflammen von Meterlänge (übrigens, auch hier wieder Meter und nicht Zwelle oder sechs Meter lange Flammen gemeint? Egal, beides dürfte verherrend für die Inneinrichtung des Mondwagens sein. Aber da ist nicht mal ein Kratzer? Unwahrscheinlich.
Seite 47
Die Beschreibung hier im ersten Absatz ist etwas zu ungenau. Ich konnte mir leider nichts darunter vorstellen, was Du mit einem Ringband meinst was auf einmal aus dem Boden erscheint.
...Sie waren nicht mehr allein! Sie waren niemals allein gewesen!...
Aha. Marsinvasion von vor 100 Jahren war ja nix. Schon zu lange her.
...“Wie bewältigen sie die Luftverdrängungen?“...
Auf dem Mond Luftverdrängungen???
Seite 48
Ganz am Anfang des Romans glotzten schon 100 Augen und jetzt glotzen die Äthernauten. Passt nicht zur der restlichen Sprache die Du sonst im Roman verwendest.
Die Passagen in den weißen Räumen sind mir etwas zu langatmig geraten. Alles ist so eintönig weiß. Ich habe mich beim Querlesen erwischt
Seite 53
...Die Männer machten sich über sie her...
Nunja. Muß man verstehen. Hatten wahrscheinlich lange keinen Sex. Und dann so eine Bildschöne Frau die auch noch dauernd Nackt ist
Mal im Ernst. Liest sich etwas anrüchig. Eine andere Formulierung wäre hier besser gewesen.
Seite 55
Kapitelüberschrift.
Schon wieder Gentleman. Wir sind doch hier in einer deutschen Stahlfantasie-Serie oder?
So, das war es dann auch. Ist auch spät genug. Gähn.
Ich bin gespannt auf den zweiten Roman und das soll was heißen.
VG
Marc