Treanor schrieb am 12.09.2006 10:53
Bist Du bei Sillage eigentlich dabei geblieben? "Die menschliche Natur" fand ich wieder ganz gelungen. Die Spinoff-Reihen "Nävis" und "Chroniken von Sillage" nicht ganz so.
In der Hauptserie bleib ich am Ball. Die Kiddie-Serie leidet ja doch etwas darunter, dass diese ganze Welt bereits ausglöscht worden ist...
Im leider eingestellten "Magic Attack" war seinerzeit ein Interview mit den Schöpfern zu lesen. Darin erfuhr man, daß der Szenarist Jean David Morvan es bewußt darauf anlegt, in jedem Sillage-Band ein anderes Teilgenre von SF und Fantasy durchzuspielen. Das zieht er offenbar auch weiterhin durch.
In Band eins wird eine idyllische Dschungelwelt von Aliens besetzt und verwüstet - also ein Invasionsroman komplett mit Ein-Mädchen-Widerstandsbewegung.
Band zwei war die große Space Opera unter den Millionen Raumschiffen Sillages.
Band drei ist ein Versuch in Steampunk, der wunderbar bizarr und rätselhaft wirkt, indem ein Volk von nicht wirklich menschlichen Leuten in einer detailgenauen Replik des Frankreichs des späten 19. Jahrhunderts lebt, mit diversen Anflügen von Jules-Verne-Futurismus. Zugleich ein Entwicklungsroman, in dem Nävis ihre erste Liebschaft hat und mit der Alltäglichkeit brutalen, unmenschlichen Lebensunterhalts in Form von Büffeljägern konfrontiert wird.
Band vier dann ein purer, bunter Fantasy-Kracher.
Band fünf "Social Fiction", die die dystopische finstere Seite von Sillage ins Blickfeld rückt.
Band sechs ein Post-Doomsday-Abenteuer mit Abwehrkrieg gegen Killerroboter und Emanzipations-Social-Fiction auf der persönlicheren Ebene.
Band 7 ein Gefängnisrevolten-Actionthriller, Bruce Willis trifft auf Alien, mit einer Prise Polit-Verschwörung…
In Band 8 wird wieder kräftig der Entwicklungsroman herausgekehrt, nun in Richtung Schäferidylle, ein wenig aufdringlich auf die große Desillusionierung und düstere Erkenntnis über die menschliche Natur zusteuernd.
Persönlich bin ich etwas unbefriedigt, weil bei so einem Rezept unausweichlich jeder Leser Themen zugemutet bekommt, die ihn gar nicht reizen; dafür ist es umso spannender, was als nächstes kommt. Und fast alles bisher hat mir dann doch großartig gefallen.
Vielleicht bis auf „Spielzeug“ (6), weil die „Moral“ allzu dick auf Kosten der SF-Glaubwürdigkeit aufgetragen wurde - eine Feminismuslektion in diesem Umfeld, da begeht die Stimmigkeit Selbstmord, und die SF wird wieder mal zur puren Fabel.
Genauso gut könnte man die Story mit sprechenden Enten in Matrosenanzügen inszenieren.