Kaiserkrieger 1 : die Ankunft




Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Cyno » 28.01.2012, 22:19

Ich wage es mal, hier eine Alternative-History-Serie zum Thema zu machen. Es gibt ja nicht nur Perry Rhodan im Bereich der deutschsprachigen Phantastik.
Kaiserkrieger ist eine Serie aus dem Atlantis-Verlag. Autor ist Dirk van den Boom, den zumindest diejenigen, die sich gelegentlich auf dem BuCon in Dreieich herumtreiben, als wortgewaltigen, gebildeten und gewitzten Menschen kennen.

Der erste Teil der auf sechs Bände ausgelegten Kaiserkrieger-Serie beginnt 1914, kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Die Saarbrücken, ein alter Kreuzer der Bremen-Klasse, wird nach Kamerun geschickt, um den deutschen Gouverneur dort zu unterstützen. Im Falle eines Krieges dürfte Afrika Kriegsschauplatz werden, und die deutsche Präsenz in Afrika
ist verglichen mit den französischen und englischen Stützpunkten klein. Die Saarbrücken bekommt 25000 Goldmark und 160 Infanteristen samt einem 4-Tonnen-Lastwagen von Benz mit an Bord. Nicht gerade ein erfolgversprechendes Unternehmen.
Die Saarbrücken startet in Richtung Portugal, wo man einen weiteren Aufenthalt zur Kohlenaufnahme plant. Auf dem Weg dorthin gerät man in einen seltsamen Nebel, die Besatzung wird bewusstlos. Als sie wieder zu sich kommt, begegnet sie zwei römischen Fischern, Vater und Sohn, die an Bord des steuerlosen Kreuzers gekommen sind und Erste Hilfe leisteten. Diese erklären auf Latein, dass man in der Nähe Ravennas im östlichen Mittelmeer treibe. Schnell erkennt man auch, dass das Nautische Jahrbuch nicht mehr stimmt. Als sie nun auch von einer römischen Trireme angegriffen werden, ist klar, dass
man irgendwie in die Vergangenheit geraten ist. Der Erste Offizier Jan Rheinberg, ein sehr gebildeter Mann, datiert die Ankunft der Saarbücken auf 378 n. Chr., als er die Namen der römischen Herrscher und deren Regierungssitze erfährt und seine Schlüsse aus den Informationen zieht. Gratian regiert in Trier Westrom, während Ostrom von Valens in Konstantinopel regiert wird. Nachdem man sich mit der Situation abgefunden hat, entwerfen die Offiziere einen Plan. Sie sehen es als einzige Chance auf ein gemeinsames Überleben, sich mit dem gut organisierten römischen Reich zu arrangieren, weil nur
das Imperium eine Basis schaffen kann, Ressourcen für den Kreuzer aufzutreiben. Alle anderen Möglichkeiten würden eine Aufgabe der Technik und des Schiffes mit sich bringen. Die Geschichtsbücher berichten vom Jahr 378 allerdings nichts Gutes. Aus sicht der Saarbrücken wird Valens bald von den Goten bei Adrianopel besiegt und umgebracht werden. Daraufhin wird Gratian Theodosius zum Mitregenten machen. Dieser Theodosius der Große gilt als Einiger der (katholischen) christlichen Kirche, indem er der trinitarischen Glaubensrichtung den Vorzug vor den anderen Strömungen gab und diese zu Ketzer erklärte. Rheinberg ist sicher, dass Theodosius für den Untergang des römischen Imperiums verantwortlich zeichnet,
weil durch die Konzentration auf den christlichen Glauben die militärische Notwendigkeit der Grenzsicherung vernachlässigt wurde. Deswegen reift die Idee, die Machtergreifung des Theodosius mit Hilfe der Machtmittel der Saarbrücken zu verhindern und das Imperium zu erhalten.
Das ist ein komplexes, faszinierendes Buch, und ich bin schon gespannt, wie es weitergeht.
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Al Khidr » 29.01.2012, 14:26

So verschiebt sich Neugier - früher hätte ich nichts spannender gefunden. Heute hoffe ich bei einem Stichwort wie "Kaiserkrieger" eher auf einen Kaiserreich-Alternativweltroman aus dem 20. Jahrhundert. Natürlich weil ich im Zusammenhang mit PR Reloaded darauf geeicht wurde. :) Hat jemand die Sache gelesen, die es mittlerweile in der Richtung gibt? Ich glaube, im Transgalaxis-Katalog wird ständig so ein Ding beworben.
Natürlich sind "Reichstruppen für Rom" immer noch interessant. Mich beschleichen bloß Zweifel, ob ein braver Kaiserdeutscher Offizier sich wirklich in eine historische Rolle stürzen würde, die bedeutet, dass die gesamte Geschichte des Deutschen Reiches so nie existieren wird.
Abgesehen von der Frage, ob die Faktoren für den Niedergang Roms da wirklich sachgerecht eingeschätzt werden.
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Cyno » 29.01.2012, 16:20

Al Khidr hat geschrieben:Natürlich sind "Reichstruppen für Rom" immer noch interessant. Mich beschleichen bloß Zweifel, ob ein braver Kaiserdeutscher Offizier sich wirklich in eine historische Rolle stürzen würde, die bedeutet, dass die gesamte Geschichte des Deutschen Reiches so nie existieren wird.
Abgesehen von der Frage, ob die Faktoren für den Niedergang Roms da wirklich sachgerecht eingeschätzt werden.

Ob der Autor diese immense Herausforderung über sechs Bücher stemmen kann, weiß ich natürlich auch nicht vorherzusagen. Aber immerhin ist Dirk van den Boom habilitierter Politologe, also denke ich schon, dass er genug Sachverstand aufweist, um solche Romane überzeugend schreiben zu können. Das Thema ist freilich Geschmackssache, ganz klar.
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Tiff » 31.01.2012, 19:05

Für jemanden wie mich, der Procurator, Imperator und Liberator gelesen hat, ist das natürlich sehr interessant. Quasi umgekehrt. Klingt auf jeden Fall spannend. Aber ich muss Harun Recht geben: Der Erhalt des römischen Reichs würde die komplette Zukunft ändern. Und damit auch die Existenz unserer Zeitreisenden... Gibt es dazu im Roman irgendwann eine Klärung, oder muss der Leser das unkommentiert hinnehmen?
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Cyno » 31.01.2012, 22:38

Tiff hat geschrieben:Aber ich muss Harun Recht geben: Der Erhalt des römischen Reichs würde die komplette Zukunft ändern. Und damit auch die Existenz unserer Zeitreisenden... Gibt es dazu im Roman irgendwann eine Klärung, oder muss der Leser das unkommentiert hinnehmen?

Hm, ich weiß es noch nicht so genau. In vielen Science Fiction-Serien und Romanen wird das Zeitparadoxon ja normalerweise vermieden,
entweder aufgrund der "politisch korrekten" Einstellung der Protagonisten oder weil es schlicht als physikalisch unmöglich dargestellt wird, die Gegenwart durch Manipulation der Vergangenheit ändern zu können.
Das gilt jetzt weniger für das Literatur-Genre der "Alternate History", mit der ich mich allerdings bislang wenig auskenne. Hier wird bewusst auf ein "was wäre, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre, geschehen" gesetzt. Auch die moderne Physik zieht inzwischen mit. Ich verweise auf den russischen Physiker Vilenkin mit seiner Theorie der Multiversen, also unendlich vielen Paralleluniversen. Nach Vilenkin ist im Multiversum alles möglich. Es gibt jeden Einzelnen von uns in unzähligen Varianten. Das PR-Multiversum ist diesem Ansatz tatsächlich auch nicht gerade abgeneigt. Im Gegenteil: NEO ist sogar ein fiktives Paralleluniversum zu einer fiktiven Geschichte, setzt sozusagen noch eins drauf.
Der Autor von Kaiserkrieger wird sehr wahrscheinlich die Geschichte anders beschreiben als wir sie kennen und damit unsere Gegenwart verändern. Ich bin aber erst bei Band 2. So weit ich es beurteilen kann, weicht er bislang nur durch eine einzige hinzuerfundene Schlacht von der bekannten Vergangenheit ab, aber ich denke, das wird in den Folgebänden drastischer. Mal sehen. Ich berichte.
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Al Khidr » 01.02.2012, 02:50

Tiff, ich meinte gar nicht das Problem Zeitparadoxa. Das ist zwar traditionell mein Thema, aber ich erwarte da gar nicht unbedingt Schlüssigkeit von einem Autor.
Mich beschäftigt mehr die Frage - angenommen, dass eine Veränderung der Zukunft tatsächlich möglich ist -:
ob diese deutschen Offiziere es mit ihrem Gewissen vereinbaren könnten, die historische Existenz des ganzen Deutschen Reichs auszulöschen und eine neue Zukunft zu schaffen?
Werden sie ganz von der Allmacht-Ambition gepackt, versuchen sie nur, ihr Überleben zu sichern, zeigen sie gar eine persönliche Philosophie, die ihnen erlaubt, auf das Deutsche Reich zu pfeifen?

Vom schieren Spaß her würde ich ja direkt hoffen, dass es so eine deftige Wunscherfüllungsphantasie wie Amerys "An den Feuern der Leyermark" wird. Sie haben absolut überlegene Möglichkeiten, und sie RÄUMEN AUF!
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Tiff » 01.02.2012, 13:30

Das ist halt die große Frage: Zeitparadoxon oder Paralleluniversum. Vom Grundkonzept erinnert die Handlung aber schon an den Fantasy-Film mit der USS Niemitz... Wie hieß der doch gleich? Der letzte Countdown? Hätte der Träger tatsächlich beim Angriff auf Pearl Harbour mitgemischt, hätte die Welt bald ganz anders ausgesehen...
Insofern sind solche spekulativen Geschichten hochinteressant. Vor allem wenn ein paar starrköpfige kaiserliche Marinesoldaten, und keine modern-säkularisierte Menschen der Neuzeit in dieser Vergangenheit aufschlagen.
Suchen sie eigentlich einen Weg zurück?
Tiff
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Cyno » 01.02.2012, 19:13

Tiff hat geschrieben:Das ist halt die große Frage: Zeitparadoxon oder Paralleluniversum. Vom Grundkonzept erinnert die Handlung aber schon an den Fantasy-Film mit der USS Niemitz... Wie hieß der doch gleich? Der letzte Countdown? Hätte der Träger tatsächlich beim Angriff auf Pearl Harbour mitgemischt, hätte die Welt bald ganz anders ausgesehen...
Insofern sind solche spekulativen Geschichten hochinteressant. Vor allem wenn ein paar starrköpfige kaiserliche Marinesoldaten, und keine modern-säkularisierte Menschen der Neuzeit in dieser Vergangenheit aufschlagen.
Suchen sie eigentlich einen Weg zurück?

Bislang suchen sie keinen Weg zurück, sie versuchen schlicht, ihr Überleben zu sichern. Über ein drohendes Zeitparadoxon wird nicht nachgedacht. Kann man nachvollziehen, denn 1914 haben die Deutschen noch nicht so viel Science Fiction gelesen wie wir heutzutage ;-)
Mit Deiner großen Frage hast Du ebenfalls recht; wenn man's genau nimmt, können wir Zeitparadoxon und Paralleluniversum nicht unterscheiden, da wir immer individuell nur eine Perspektive erfahren. Ein Zeitparadoxon könnten wir nur rein theoretisch identifizieren, wenn wir selbst in die Vergangenheit reisen würden, dort was ändern, und zurück in unserer Ursprungsgegenwart, die Früchte unserer Manipulation erleben. Also, wenn ich z.B. vor 60 Jahren ein Konto mit 10000 DM anlegen und nach der Rückkehr in die Gegenwart den Zins einstreichen könnte ;-)
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Tiff » 01.02.2012, 21:41

Hrhrhr, Du hast genau so viel Zeit genannt, dass Du gerade an der Geldentwertung der Reichsmark vorbei schrappst. Geschickt, geschickt.
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Al Khidr » 02.02.2012, 00:11

Korrigiert mich, wenn ich schief liege, aber ein Konto in der Schweiz war schon länger eine verfügbare Option. Ich weiß jetzt nicht, wie Andreas Eschbach den Langzeit-Geldaufbau in seinem Roman gelöst hat, aber wer sich nicht ganz naiv anstellt, kann sich gegen Geldkrisen in dem einen oder anderen Land absichern. Besonders, wenn man seine Zeitmaschine dazu nutzen kann, immer wenn nötig die Geldanlage in einen neuen sicheren Hafen umzuschichten. Das ist dann die ganz fiese Tour. :twisted:
Aber Geld allein ist auch langweilig. Ich hab neulich mal wieder an meinen (zwei) privaten Lieblingszenarios gesponnen, wie man mit wohlplaziertem Langfrist-Zeitagententum die Welt beherrscht (und eine bessere erschafft).
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Tiff » 02.02.2012, 14:14

Aber man muss erst einmal so schlau sein, auf diese Variante zu kommen. Nur weil Du eine Zeitmaschine bauen kannst, heißt das nicht, dass Du a) die Geldwirtschaftshistorie Deines eigenen Landes kennst, und b) auf die schlaue Idee mit den Steueroasen kommst.
Tschuldigung, ich konnte mich nicht zurückhalten. ^^
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Al Khidr » 03.02.2012, 11:25

Jaaa, dumm anstellen kann man sich immer. Einem Physik-Genie, das Zeitmaschinen bauen kann, wird ja immer gerne Weltfremdheit unterstellt. Aber der fällt dann auf die Nase, und es gibt nur ein Haha! Und um Geld überhaupt auf einem Konto anlegen zu können, must Du auch schon die Grundintelligenz haben, dich in der Zielzeit zu orientieren. Schon allein: Wo nimmst Du Geld in der Währung her, die eine Bank akzeptiert? Das ergibt ganz von allein einen Zwang zu zielgerechter Intelligenz des Handelns.
Interessant wird's halt erst mit Leuten, die genug auf dem Kasten haben, um einen ernstzunehmenden Versuch konstruktiver Aktivitäten zu unternehmen. ("konstruktiv" im weitesten Sinne - also irgendwas substanzielles draus machen) Z.B. genug vom spätrömischen Reich verstehen, um zu wissen, wo man am Besten in die kaiserlichen Machtkämpfe eingreifen sollte. :)
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Re: Kaiserkrieger 1 : die Ankunft

Beitragvon Goettrik » 06.02.2012, 19:54

Al Khidr hat geschrieben:Interessant wird's halt erst mit Leuten, die genug auf dem Kasten haben, um einen ernstzunehmenden Versuch konstruktiver Aktivitäten zu unternehmen. ("konstruktiv" im weitesten Sinne - also irgendwas substanzielles draus machen) Z.B. genug vom spätrömischen Reich verstehen, um zu wissen, wo man am Besten in die kaiserlichen Machtkämpfe eingreifen sollte. :)
Dem kann ich nur zustimmen. Das Grundkonzept von "Kaiserkrieger" klingt für mich ersteinmal interessant.

Die Frage ist halt, wieviel geschichtliches Hintergrundwissen und wieviel Mut zu ungewöhnlichen Ideen der Autor selbst mitbringt, um aus der Story tatsächlich etwas überzeugendes zu machen.
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