PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)




PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Al Khidr » 10.07.2004, 00:53

Jetzt haben wir endlich unseren Blick darauf, was anderswo in der Milchstraße passiert, und dann wird das als Doppelroman an H.G.Francis vergeben.

Ächz, was für eine elende Quälerei.

Die Sprache und Erzählweise völlig plump, lahm und pedantisch; die Handlungskonstruktion strotzt vor Gedankenlosigkeit; Personenkonstellationen, Motivierungen und Charakterisierungen sind eine beispiellose Ballung jedes krudesten Klischees.
Daß Aliens völlig menschlich agieren hab ich ja schon fast aufgegeben zu monieren - aber bei diesen Aliens hier sind die Dialoge auch aus der Situation her völliger Mist. Zwei Wilde, die erst vorige Woche aus der Steinzeit ausgewandert sind, reden gestelzt wie deutsche Nachrichtensprecher. Auweia.
Und dabei hatten wir hier mal eine Spezies von Aliens, die richtig gut nichtmenschlich konzipiert waren! Die ganze Konzeption um die Schaspaken war geradezu genial!

Francis habe ich immer noch dafür in Erinnerung, daß er mal, in einem Roman, die Haltungen und Denkweisen von Arkoniden richtig brilliant differenziert dargestellt hat. Hier haut er den Fiesewichten der Woche Klischee rein, daß es nur so kracht. Was für ein Mist.

In 2237 hab ich ein paar Stellen angestrichen, nur so als Stichprobe:

S.27:
Dando wird angepickt, fürchtet im ersten Moment eine Lähmung, und denkt sich:
"Ein Vogel mußte einen handlangen und sehr spitzen Schnabel haben, um dieses Nervenzentrum unterhalb seines Kinns erreichen zu können."

- Klar, es gibt ja keinen besseren Moment als akute, adrenalingeschockte Lebensgefahr, um ins Grübeln über forensische Anatomie zu verfallen. Na, Caiwanen fachsimpeln halt für ihr Leben gern auf Doktorandenniveau.

weiter S.27 - zum Erzählstil bzw. zur Ausdrucksweise :
Dando erwartet jeden Moment zerfleischt zu werden, und merkt auf einmal, daß das Monster nur reglos dasteht:
"Rhyras waren langsam, aber sie gaben nie auf. Daher war das Verhalten dieses Exemplars ungewöhnlich."

S.30:
Dando reizt den Tato bis aufs Blut; der hat schon etliche Leute wegen purer Trivialitäten hingerichtet, schäumt vor Wut, und seine Wölfe rappeln sich schon auf. Szenenwechsel.
Eine halbe Seite später stellt Dando rückblickend fest, daß der Tato ihn unbehelligt hat gehen lassen.
Wenn Handlungslogik und Erzählstruktur gleichzeitig kollabieren, ist man als Rezensent immer dankbar, das spart Arbeit.

Daß Francis die Terra-Sektenromane verhunzt hat, war ja nicht überraschend, das hat man mehr oder weniger achselzuckend abgehakt - aber nun arbeitet man sich quer durch die Galaxis vor - und auf wen trifft man?

Im Kontrast zu Ernst Vlcek hat es H.G.Francis mit diesem Abschied exzellent geschafft, daß ihn niemand vermissen wird.

(oder kommt von ihm noch ein Roman?)


Apropos - wie haben Kant und Mal eigentlich den Flug nach Caiwan geschafft? Stand irgendwo, daß der Planet weniger als 50 Lichtjahre von Hayok entfernt liegt?
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Myles » 10.07.2004, 07:27

Ist das schön, daß ich absolut nichts verpaßt habe. Bild

Gruß Myles
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Torben » 10.07.2004, 11:34

In anderen Foren wurde zumindest der erste Teil als bester Francis seit langem gelobt. Ich selbst hatte noch keine Lust ihn zu lesen. Unterwegs langweile ich mich gerade durch Obsidian 5, ansonsten lese ich andere Bücher.
las zuletzt: "Ringwelt" von Larry Niven
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Goettrik » 10.07.2004, 19:07

Der Doppelband krankt schon am Thema, nach Hoffmann und Vlcek, darf sich nun auch Francis an einem Hinterweltlerplaneten mit geknechteten mißbrauchten Ureinwohnern abarbeiten.

Wobei Francis im Vergleich die beste Leistung gebracht hat. Es wird niemand sinnlos gemeuchelt usw. Im Vergleich zu den Tradom-Elchen und den Jamondi-Igeln wirken die viktorianischen Arkoniden fast schon glaubwürdig.

Ansonsten:
- Die Caiwanen und ihr Planet entsprechen sehr genau, dem Afrikaklischee der späten Kolonialzeit (ca. 1950)
- Der Bergwerksleiter ist ein jähzorniger, aber ansonsten durchaus vernünftiger Mann, der nur Befehle ausführt und dessen einziges Streben darin besteht, nicht mit dem Tato unterzugehen.
- Der Rebell Gantury ist eine Kreuzung aus Robin Hood und Gandhi-Wiedergänger.
- Sein interner Widersacher, der Hohepriester Tagakatha sieht in Gantury nur einen Unruhestifter, der sein Weltbild ins Wanken bringt. Wobei sein Vorwurf, die Ereignisse wären ohne den Fanatismus von Gantury nie so eskaliert, nicht mal falsch ist. Nur leider ist er mindestens ebenso fanatisch.
- Und der Tato ist das größte Ärgernis, ein arrogantes Arschloch, dem alles egal ist, solange nur seine Karriere gesichert ist. Der für diese Karriere über Leichen geht und Meier heißen will, wenn es ihm nicht gelingt, das von Ascari verlangte Soll an Hyperkristallen zu liefern.
- Die Romanhandlung ergibt sich daraus, wie sich die oben Aufgezählten gegenseitig in Hysterie hineinsteigern und so die Katastrophe
- Die Caiwanen hungern,
- das Bergwerk liegt still und es droht die Pleite,
- Gantury droht der Märtyrertod,
- den Hohepriester droht als Streikbrecher autoritätsverlust,
- den Tato droht das Ende seiner Karriere und Celkar
- und Hyperkristalle gibts auch nicht mehr.
im wahrsten Sinne des Wortes herbeireden.

Tote gibt es im Vergleich zum Bergbau der Cybb oder Valenter eher wenige, außer unter den Symbionten der Caiwanen, die sich erst am Schluß als etwas intelligenter als Regenwürmer herausstellen. Der Sadismus der Bösen hält sich auch in Grenzen, aber dem Tato gefällt es mit seinen großen Hunden zu drohen.
Nur die Arkoniden strotzen vor Arroganz und Gleichgültigkeit und laufen prompt sehenden Auges ins Messer.

Als unangenehm empfand ich es als im Finale - das förmlich nach einem plakativen Märtyrertod (a la Bravehard) Genturys schrie - um jeden Preis ein Happy End herbeigeschrieben werden mußte. Und ich denke, von Gentury werden wir in Zukunft auch nicht mehr zu hören bekommen als vom Saltansprecher in Wassermahl.

Insgesamt wirkt der obige Text wahrscheinlich negativer als ich die Romane beim Lesen empfand.

6 kathartische Punkte.
Zuletzt geändert von Goettrik am 10.07.2004, 19:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Al Khidr » 11.07.2004, 01:46

Goettrik schrieb am 10.07.2004 19:07

- Die Caiwanen und ihr Planet entsprechen sehr genau, dem Afrikaklischee der späten Kolonialzeit (ca. 1950)



Indioklischee. Sie tragen Federn, und sie arbeiten im Bergwerk. Bild

Goettrik schrieb am 10.07.2004 19:07

- Der Bergwerksleiter ist ein jähzorniger, aber ansonsten durchaus vernünftiger Mann, der nur Befehle ausführt



Und genau wie sein Chef gerne Anfällen von Sadismus nachgibt, wenn sein erbärmliches, hyperempfindliches Ego verletzt wird.
Und der eine Arkonide, der etwas weniger unmenschlich sein darf - ist Künstler. Aua, was für eine Finesse. Bild


Goettrik schrieb am 10.07.2004 19:07

- Der Rebell Gantury ist eine Kreuzung aus Robin Hood und Gandhi-Wiedergänger.



Was halb so schlimm wäre - Klischee-Robin-Hoods können ja gut rüberkommen - wenn nicht noch der Standard-Schmarrn Er-trifft-die-Liebe-seines-Lebens-und-sie-wird-ihm-grausam-geraubt hinzukäme. Bild


Übrigens, ich habs gefunden - es sind *411* Lichtjahre von Hayok nach Caiwan. Wie sind Kant und Mal dahingekommen?

"Hallo! Wir sind Prospektoren und kommen gerade von Hayok!"
"Sofort verhaften! Geheimdienstchef! Finden sie raus, was die für einen Antrieb haben! Das ist die wichtigste Entdeckung der Galaxis!"
Zuletzt geändert von Al Khidr am 11.07.2004, 01:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Goettrik » 13.07.2004, 20:49

Indioklischee. Sie tragen Federn, und sie arbeiten im Bergwerk.



Paßt nicht ganz. Als die Länder Südamerikas noch Kolonien waren, waren die Indios reine Sklaven. Das sind die Caiwanen im Roman nicht, sondern "nur" schlecht bezahlte Lohnsklaven. Sie werden nicht zur Arbeit im Bergwerk gezwungen.

Übrigens, ich habs gefunden - es sind *411* Lichtjahre von Hayok nach Caiwan. Wie sind Kant und Mal dahingekommen?



Steht im Roman, als Blinde Passagiere der beiden arkonidischen Gwalon-Ultraschlachtschiffe, die Ascari ausschickt um auf Caiwan nach dem Rechten zu sehen.
Wirft allerdings neue Fragen auf.
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Anonymous » 17.07.2004, 10:46

Also so schlecht wie Harun den Doppelband macht, war er nicht. Ja, Francis erklärt zuviel. Irgendwie ist er dazu übergegangen seine PR-Romane mehr und mehr wie Jugendromane zu schreiben.
Aber die Fehler und Ungereimtheiten erreichen IMHO noch nicht das Niveau eines durchschnittlichen Ellmer oder das von Francis' letzten Romanen. Und im Gegensatz zu dem Quatsch auf der Erde, wo Francis seine Protagonisten von einer an den Haaren herbeigezogenen Situation in die nächste stolpern ließ, erzählt er hier eine richtige Geschichte. Die ist leider angesichts einer universums-weiten Katastrophe ziemlich uninteressant: Schon wieder Bergbau-Ausbeutung mit primitven Eingeborenen durch böse Besatzer! Wäre das nicht Francis' Abschied gewesen, wäre bei dem bescheurten Thema (und das schon wieder!) wahrscheinlich noch weniger herausgekommen.
Der erste Band fdarf sich aber freuen, dass Lebensgeschichten in diesem Zyklus seltener sind und erreicht daher 5 Punkte.

Im zweiten teil zieht sich das Hin und Her um die Minen dann doch ziemlich. Dazu nervt der Priester, der mitten in einer Rede eine 180°-Wendung machen kann, ohne unglaubwürdig zu wirken. Beim Ende des Priesters dachte ich dann, na endlich. Der Schluss des Romans hinterlässt Stirnrunzeln. Der Tato ist also tot. Na und? Ascari (die war auch ziemlich platt dargestellt) will trotzdem ihren Nachschub. Der Tato war doch nicht das Hauptproblem. Da hätte noch ein Epilog gefehlt, dass sich die Arkoniden damit abfinden, den Einheimischen mehr zu zahlen. 4 Punkte.

Insgesamt ein ziemlich überflüssiger Doppelband, der sich nur als letzter Francis-Roman auszeichnet. Ansonsten wäre er als Lückenfüller noch uninteressanter gewesen. Von HGF lese ich allemal lieber Beschreibungen von Aliens als von menschlichen Psychopathen.

Steht im Roman, als Blinde Passagiere der beiden arkonidischen Gwalon-Ultraschlachtschiffe, die Ascari ausschickt um auf Caiwan nach dem Rechten zu sehen.
Wirft allerdings neue Fragen auf.



Auf welcher Seite war das? Bild
Anonymous
 

Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Goettrik » 17.07.2004, 12:38

Anonymer User schrieb am 17.07.2004 10:46

<table width="90%" align="center" border=0 cellspacing=0 cellpadding=0><tr><td><font size=1>Quote:</font>
<table border=0 cellspacing=1 cellpadding=2 width="90%" align="center"><tr><td class=quote>

Steht im Roman, als Blinde Passagiere der beiden arkonidischen Gwalon-Ultraschlachtschiffe, die Ascari ausschickt um auf Caiwan nach dem Rechten zu sehen.
Wirft allerdings neue Fragen auf.</td></tr></table>


Auf welcher Seite war das? Bild</td></tr></table>


So direkt steht es nicht da, Sorry. Aber, ...

kurz nach der Schilderung des Ausbruchs der Hyperimpedanz steht auf S. 18. , erste Spalte unten:
<i>"... Von den Arkoniden gab es keine Nachricht. Sie schirmten sich ab und arbeiteten an ihren Raumschiffen, von denen seltsamerweise keines gestartet war. Auch war kein Raumschiff von außen eingetroffen..."

auf s. 22, zweite Spalte:
Dando ist in der Wüste um zu meditieren, da stören zwei Menschen seine Ruhe, die der Caiwane zunächst für Arkoniden hält. Der eine stellt sich als Kantiran vor.

Seite 23 enthält eine Rück- und Umblende nach Hayok mit einem Gespräch zwischen Kraschyn und Ascari. Unter den neuen Bedingungen hat die Sicherung der Nachschublieferungen mit Hyperkristallen von Caiwan erste Priorität. Zweite Spalte mitte:
"... Um möglichen Schwierigkeiten wirksam begegnen zu können, schickten sie zwei Kelchschiffe vom Ultraschlachtschifftyp der GWALON-Klasse dorthin."

auf S. 24, erste Spalte, Mitte erklärt dann Kantiran:
"..´. Ich komme von einem anderen Planeten, um auf Caiwan als Prospektor zu arbeiten und nach Khalumvatt zu suchen... [...] ... Ich bin nicht hier, um den Arkoniden zu helfen, sondern ..."

Da die beiden GWALONs anscheinend die einzigen Schiffe der Arkoniden sind, die von Hayok noch Caiwan flogen und sich Kantiran in 2233 enttäuscht von den Terranern abgewandt hat, wobei die laut Heft 2236 nichts von Caiwan wissen ...

Da bleibt nur obiger Schluß übrig, er drängt sich mir hier so stark auf, daß ich ihn nicht als bloße Spekulation betrachte.
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Re: PR 2236/2237 (kein nennenswerter Spoiler)

Beitragvon Goettrik » 17.07.2004, 12:48

S

P

O

I

L

E

R



P

R



2

2

3

9


Wie es die Gwalons so schnell von Hayok nach Caiwan schaffen können und wie es auf Arkon seit der Hyperimpedanz zugeht, schildert der Roman von Rainer Castor.

Anmerkung: Es drängt sich mir immer stärker der Eindruck auf, daß die Terraner die EINZIGEN sind, die Rhodans Wahrnungen vor der Hyperimpedanz in PR 2200 nicht wirklich ernst genommen haben.
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