Bad Earth 29




Bad Earth 29

Beitragvon Goettrik » 17.06.2004, 21:42

Der Roman gefällt mir. Er ist zwar kein Highlight, aber durchaus nach meinen Geschmack.

Alfred Bekker leistet sich soweit ich dies überblicken kann, keine großen Logikfehler und die Protagonisten des Romans handeln ihrer inneren Gesetzmäßigkeiten entsprechend.
Und die Kultur der Jaroviden erscheint mir einfallsreich konzipiert und stimmungsvoll in Szene gesetzt.

Drei Minuspunkte fallen mir dennoch auf:

Es fällt Alfred Bekker schwer die gigantischen Dimensionen, mit denen er hantiert, sinnlich spürbar zu machen. Der Leser beurteilt die Entwicklung eher aus dem Blickwinkel der Foronen, als der Menschen. Die Handlung wirkt vor allem zu Anfang seltsam unspektakulär, obwohl Dutzende Sonnen sich in Novas verwandeln und Zehntausende Lichtjahre zurückgelegt werden.

Der Roman bringt den Roten Faden des Serienhintergrunds nur ein sehr kleines Stück vorwärts. Man kann ihn durchaus als Lückenfüller bezeichnen, der uns lediglich ein allerdings gelungenes Eintagsfliegenvolk präsentiert.

Als reiner, zudem unfreiwilliger Passagier an Bord der SESHA steht John Cloud gezwungener Maßen nicht im Zentrum der Ereignisse. Im Mittelpunkt der Handlung stehen eher Sobek auf der SESHA und Ra-Sop auf der Weltraumstadt im intergalaktischen Leerraum. Allerdings heißt die Serie nicht "John Cloud".

Insgesamt bin ich mit dem Roman mehr als zufrieden und vergebe 7 Punkte.
Zuletzt geändert von Goettrik am 20.06.2004, 19:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Bad Earth 29

Beitragvon Torben » 19.06.2004, 13:01

Würde ich auch als Lückenfüller sehen. Wieder einmal beweisen die Foronen ihre Skrupellosigkeit, und John Cloud steht wütend daneben. Naja, es ist ja durchaus angemessen, den Flug in die Magellanschen Wolken nicht in einem Heft abzuhaken, aber bei dem Zwei-Wochen-Rhythmus ist das schon eine harte Geduldsprobe. Wie geht's eigentlich Nathan Cloud?

Was mir matürlich auffiel: Dunkle Energie und Dunkle Materie. Man merkt bei dem Lesen doch sehr deutlich, dass keiner der Macher eine größere Ahnung von dem Thema hat, außer dass es so etwas wie Dunkle Energie und Dunkle Materie geben soll. Die Vorstellung, man können Dunkle Energie abernten und als Energiequelle nutzen, ist reichlich naiv.
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Re: Bad Earth 29

Beitragvon Goettrik » 19.06.2004, 16:51

Was mir matürlich auffiel: Dunkle Energie und Dunkle Materie. Man merkt bei dem Lesen doch sehr deutlich, dass keiner der Macher eine größere Ahnung von dem Thema hat, außer dass es so etwas wie Dunkle Energie und Dunkle Materie geben soll. Die Vorstellung, man können Dunkle Energie abernten und als Energiequelle nutzen, ist reichlich naiv.



Ja. Ist schon etwas strange, das Ganze.

Aber, meines Wissens ist Manfred Weinland der erste deutsche Autor, der sich an das Thema Dunkle Energie/Materie herantraut.

Daß die SF-Autoren keine große Ahnung von dem Thema haben, dürfte m. E. zum Teil auch daran liegen, daß selbst die Wissenschaflter kaum mehr über Dunkle Materie und Dunkle Energie wissen, als daß es sie vermutlich gibt, weil in ihren Formeln etwas fehlt. Korrigiere mich bitte falls ich da falsch liege.

Im Grunde verwendet Manfred Weinland in diesem Heft die Dunkle Energie, wie Rainer Castor bei Rhodan das Howalgonium, als schlechte Begründung für die ganze eigentlich physikalisch unmögliche Supertechnik.

Das alles ändert allerdings nichts daran, daß die Vorstellung, daß da ein paar Leute mit Fischreusen im Weltraum nach Dunkler Materie fischen, etwas schräg wirkt. Ist aber wenigstens mal was neues.
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Re: Bad Earth 29

Beitragvon Torben » 20.06.2004, 00:37

Goettrik schrieb am 19.06.2004 16:51
Daß die SF-Autoren keine große Ahnung von dem Thema haben, dürfte m. E. zum Teil auch daran liegen, daß selbst die Wissenschaflter kaum mehr über Dunkle Materie und Dunkle Energie wissen, als daß es sie vermutlich gibt, weil in ihren Formeln etwas fehlt. Korrigiere mich bitte falls ich da falsch liege.



Naja, wir haben einige Kandidaten für Dunkle Materie. In der Elemementarteilchenphysik gibt es zum Beispiel das Supersymmetrie-Modell (liebevoll Susy abgekürzt). Das leichteste Supersymmetrie-Teilchen (bisher haben wir gar keins experimentell nachgewiesen, daher ist die Theorie noch unbestätigt, hat aber viele nette Eigenschaften) müsste kurz nach dem Urknall massig produziert worden sein und wäre dann ein Kandidat für Dunkle Materie. Wäre das der Fall, dann könnte das Rätsel Dunkle Materie in vier bis fünf Jahren schon gelöst sein (mit dem Teilchenbeschleuniger LHC). Sicherlich gibt es weitere Theorien, aber Kosmologie ist ja nicht mein Gebiet.
Also da liegt der Hase im Pfeffer begraben: Hier wird von Dunkler Materie geredet, wobei schon zu John Clouds Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen ist, worum es sich dabei handelt. In der realen Welt wird man es vielleicht schon in wenigen Jahren wissen.
Bei "Star Trek: Voyager" kam übrigens mal ein Dunkler Materie-Asteroid vor, den Kim schlecht orten konnte. Da bin ich auch fast vom Sessel gefallen.

Dunkle Energie steht für den Effekt, der die Expansion des Universums in den letzten Jahrmilliarden beschleunigt hat. Auch dafür haben wir mit Vakuumfluktuationen einen Kandidaten, brauchen aber eine Quantenfeldtheorie für Gravitation, um das zu bestätigen. Anzunehmen, man könne Vakuumenergie anzapfen, hat Crackpot-Niveau.

Im Grunde verwendet Manfred Weinland in diesem Heft die Dunkle Energie, wie Rainer Castor bei Rhodan das Howalgonium, als schlechte Begründung für die ganze eigentlich physikalisch unmögliche Supertechnik.



Nur ist Dunkle Energie nicht außer der Reichweite der heutigen Forschung. Und während der Begriff Dunkle Materie noch Sinn macht für nicht-leuchtende Materie (jedenfalls für eine Zivilisation, die auf Beobachtung des Alls mit Teleskopen angewiesen ist, also Nachweis von Materie durch ihre Strahlung), ist Dunkle Energie als Analogie so benannt worden. Wenn die Natur der Dunklen Energie bekannt ist, macht der Begriff so keinen Sinn mehr.
Übrigens musste ich nach Dunkler Energie selber googeln. Es ist also nicht so schwierig, darüber mehr zu erfahren, bevor man sie in Romane einbaut.
Zuletzt geändert von Torben am 20.06.2004, 00:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Bad Earth 29

Beitragvon Al Khidr » 20.06.2004, 18:25

Bekker (oder doch Exposé-Autor Weinland?) hat sich die Ehre errungen, hier zweimal die mächtige SESHA auf Gefahren auflaufen zu lassen, die aus dem Alltäglichen erfreulich herausragen. Zwei hintereinander wirken freilich etwas dick, aber es deutet sich ja zumindest an, daß beide einen gemeinsamen Hintergrund haben. Die Notlage der Jaroviden hatte auch wieder mal ein großes tragisches Element. Sie wirkte entschieden eindrucksvoller als etwa das Schicksal der Surer/Heukonen, denen eben mal ihr Planet platzt.
Zur "Dunklen Energie" - Weinland hat bezüglich des Antriebs der SESHA etwas ähnliches gemacht, wie die altbekannten Gravitationsfeldantriebe (besonders schön die Varianten, die an Gravitationsfeldlinien entlang fliegen, wie an Schienen Bild ) , und einen neueren Begriff aus der Physik dafür mißbraucht.

Ein Teil der vorigen Kritik an Susan Schwartz geht jetzt nachträglich ans Exposé. Herrgott, trägt Weinland dick auf mit der eiskalten Unmenschlichkeit der Foronen! Wieviele Dutzend mal werden wir eigentlich noch lesen müssen, wie die Sieben ganze Völker vergewaltigen und Massenmorde verüben, um ihre Ziele zu verfolgen?
Dabei muß ich sagen: normalerweise bin ich extrem empfänglich für Geschichten von Machtmißbrauch, arroganter Unterdrückung, heimtückischer Manipulation etc. Da kommt eigentlich immer ganz schnell mein Blut in Wallung. Bei Bekkers BE 26 hat das auch noch verläßlich geklappt. Aber so, wie Susan Schwarz, und in diesem Roman Alfred Bekker, die Untaten der Foronen schildern, läßt es mich einfach kalt.

Andererseits zum Exposé: Weinland verfolgt mit einigem Enthusiasmus den Gedanken, Menschen und andere Personen in existenziellen Extremsituationen zu erfinden. John Cloud mit seinen Wissensimplantaten und Nanomaschinen im Körper, Scobee mit ihrer Genprogrammierung, Jarvis im künstlichen Körper mit autonomer KI, der Android Taurt…
Jede einzelne Figur mit ungeheurem Potenzial, ganz große Geschichten über sie zu schreiben.
Seit Heft 22 hat sich kein einziger Autor mehr imstande gezeigt, daraus irgend etwas zu machen. Bekker hatte zuvor Scobees Nöte, ihren Selbsthaß und Clouds zerstörtes Vertrauen noch achtbar geschildert - jetzt hat er selbst schon vergessen, daß da was war.

Unterm Strich bleiben die massenmörderischen Foronen die einzigen Protagonisten, die als Personen Interesse wecken können.
Von Jelto will ich gar nicht erst anfangen.
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